Trias
 
Der Mensch kann einfach nicht anders als ein Animist zu sein und in alles, was ihn umgibt etwas Lebendiges hineinzuprojizieren. Lächelnde Steckdosen, launige Autos – kein Wunder, dass sich zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, als neue Technologien immer mehr die Lebenswelt bestimmten, die Künstlerjugend amüsierte über solche Seelen-Sehnsüchteleien. 1923 – Fritz Langs Maschinenhorror Metropolis ist noch nicht gedreht – da erfinden die Bauhausstudenten Kurt Schmidt und Georg Teltscher das mechanische Ballett: Maschinenungetüme aus Bauklötzchen, bunten geometrischen Platten, die auf der Bühne nicht etwa nur tanzen. Wenn sich die Formen der Figurinen langsam ineinanderschieben, dürfte auch der Letzte im Publikum kapieren, dass hier zwei Maschinenwesen Sex haben. Die Liebe in Zeiten der Techniktyrannei.

Vor 30 Jahren gründeten mit einem Re-Enactment dieses Aktes acht ehemalige Studenten der Folkwang-Hochschule das Theater der Klänge. Seitdem hat die in Düsseldorf ansässige Gruppe immer wieder historische Theaterformen belebt, etwa die Commedia dell'Arte oder sie blickten voraus und erfanden einen Multimediatanz mit Computern – gewissermaßen das heutige Pendant zu ihren Bauhausadaptionen. Nach eher schwächelnden Polit- und Psychologieproduktionen gelang ihnen mit einem weiteren Bauhaustanz vor zwei Jahren wieder ein großer Coup: die Rekonstruktion von Oskar Schlemmers legendärem triadischen Ballett mit 18 selbst gebauten Figurinen und neu komponierter Musik von Thomas Wansing.
Eine Tänzerin sitzt in einem bonbonbunt geringelten Tellerrock aus Kunststoff auf der Bühne, das sperrige Kostüm lässt sie wie ein Kreisel aussehen. Sie schnörkelt mit barocker Eleganz die Hände, erwacht zum Leben wie einst die Spielzeuge im berühmten Ballett "Die Puppenfee" aber mit der Melancholie der Marionette, die um die Begrenztheit ihrer Existenz weiß.

Das ist überhaupt das Großartige an dieser Neuinszenierung von Regisseur Jörg Lensing und Choreografin Jacqueline Fischer: sie freut sich nicht nur über den "kubistischen Scherz", wie damals die Zeitgenossen über Schlemmers verrückten Kostümtanz lästerten, sondern Lensing und sein Team erzählen mit ihren Szenen viel über die Themen, die Zeit und über Oskar Schlemmer selbst. Über seine Abneigung gegen den klassischen Tanz etwa, wenn sie einer Spitzentänzerin im überdimensionierten Tutu einen ziemlich plumpen Prinzen im dickwattierten Fatsuit an die Seite stellen. Und über die Kriegstreiberei und den Militarismus der Zeit mit Figurinen, die ganz entgegen der püppihaften Niedlichkeit ihrer Kostüme, soldatisch aufmarschieren und etwa zum rockigen Cellosound à la Apocalyptica mit albernen Actionheldsprüngen männlichen Körperkult und Machismus karikieren.

Choreografin Jacqueline Fischer mixt Streetdance, Spitzen- und Standardtanz, Folklorezitate und verweist schließlich auf den zeitgenössischen Tanz, wenn am Ende mit den klassischen Bauhausfarben rot, gelb und blau der damals von vielen Wortführern beschworene "neue Mensch" geboren ist. In der Realität ist er dann in Gestalt von Hitlers zähen Windhunden brutal über die Welt gekommen.

Auf der Bühne vom Theater der Klänge setzt man auf Schlemmers Utopie, dass mit einer neuen Ästhetik auch eine geläuterte Ethik einhergehen könnte. So ist die Neuinterpretation des schrulligsten Balletts der Tanzgeschichte durch das Theater der Klänge nicht nur liebevolle Hommage, sie ist auch eine kluge, ideenreiche Auseinandersetzung mit einer Epoche der Hoffnung und des Aufbruchs, geprägt von der wissenden Melancholie der Nachgeborenen.


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Nicole Strecker
Deutschlandfunk 14.10.2017 zur Aufführung im Capitol Theater
 
 
Zauber des Triadischen Balletts auf dem "Willy"
Die Ballerina trägt kein Tütü: Ihr Ballettrock ist bunt wie ein Hüpfkreisel und genauso starr – nicht gerade tanztauglich. Nur klein sind die Bewegungen ihrer Arme zur melancholischen Melodie auf dem Klavier. Ihren Kopf bewegt sie wie ein Spieluhren-Püppchen. Ganz allmählich werden die Bewegungen größer, die Arme greifen Raum, der Tanz beginnt. Ja, so könnte sich Oskar Schlemmer vor rund hundert Jahren die Persiflage auf die Künstlichkeit des Klassischen Balletts vorgestellt haben. Was einst das gesittete Bürgertum empörte und auch die Tanzwelt der 1920er Jahre auf die Palme brachte, weil man sich doch gerade erst von den Zwängen der Klassik befreit hatte und in fließenden Stoffen oder möglichst wenig bekleidet einen neuen Ausdruckstanz prägte, entfaltet hier einen ganz eigenen Charme. Das Düsseldorfer Theater der Klänge, das sich seit vielen Jahren mit Bauhaus-Themen beschäftigt, hat das Triadische Ballett neu interpretiert. Auf dem Willy- Göldenbachs-Platz bot das Ensemble einen hochkarätigen Auftakt und Abschluss des Festivals "Kultur findet Stadt".
Niemand weiß genau, wie Oskar Schlemmer und das Tänzer-Ehepaar Albert Burger und Elsa Hötzel sich vor rund 100 Jahren die Revolutionierung des Tanzes vorgestellt haben. Es gibt keine erhaltene Dokumentation. Aber die Reaktionen auf das "Triadische Ballett" sind überliefert. Vom Chaos der Premiere, verpatzten Umzügen und Kollateralschäden durch die sperrigen Kostüme bei der Premiere ist in dieser Produktion nichts zu spüren. Mit eigenen Entwürfen und Choreografien (Jacqueline Fischer) und einer eigenen Musik hat das Theater der Klänge den Zauber einer Künstleridee eingefangen. Die Darsteller Darwin Diaz, Phaedra Pisimisi, Alona Shornikova und Miriam Gronau betören mit dem, was einst Schockpotenzial hatte: ausufernde Fantasie. Was damals Avantgarde war, wirkt heute drollig. Der rundliche Taucher, die Tütenröcke und der Harlekin mit seinen Ballonarmen zeugen vom Humor der exzentrischen Zwanziger Jahre. Im Eintanz, Zweitanz und Dreitanz, in gelber, weiß-rosafarbener und schwarzer Bühne deklinieren sie in "Trias – Das Triadische Ballett" die Schlemmerschen Dreiheiten durch. Jede Phase dauert eine halbe Stunde: die burlesk-pittoreske, die seriös festliche und die heldisch monumentale.
Theatergründer und Regisseur Jörg U. Lensing folgt dem Prinzip des Crescendo: Der Abend wächst von einem filigranen, melancholisch gefärbten Auftakt zu einem fulminanten, rauschhaften Finale. Die Tänzer laufen zu artistischem Format auf und bieten viele poetischen Bilder, die in den Begegnungen der Figuren entstehen, sie erinnern an die Schwanensee-Prinzessin und an den Türkischen Marsch, tanzen Spitze und Lindi Hop. Am Ende entledigen sie sich ihrer Kostüme in den Bauhausfarben Rot, Blau und Gelb und zelebrieren zeitgenössische Ausdruckstanz.
ie Musiker Beate Wolff, Thomas Wansing und Oliver Eltinger sind weit mehr als Beiwerk: Sie bilden das dynamische Rückgrat für die wundervollen Bilder, geben sich lautmalerisch, einschmeichelnd melodisch, forciert oder expressionistisch. Da wird das Cello zur Trommel und das Schlagzeug scheint zu explodieren, während die Tasten fast aus dem Klavier springen.
Für das Ensemble war Krefeld ein Experiment, denn die Produktion ist nicht für Open-Air-Vorführungen gedacht. So entfaltet sich der Zauber mit zunehmender Dunkelheit am besten. Gerade die Szenen, die den abgedunkelten Theaterraum brauchen, büßen an Spannung ein. Aber die lockere Atmosphäre macht das wett: Bei der Premiere haben nur etwa ein Viertel der Zuschauer Platz auf den 260 Sitzgelegenheiten. Einige lassen sich auf Decken nieder, viele bleiben stehen – und harren bis zum jubelnden Schlussbeifall aus.

PDF:  Zauber des Triadischen Balletts auf dem [ download ]

Petra Diederichs
RP
 
 
Ballett "Trias" in Düsseldorf:Schlemmer Reloaded
Düsseldorf - Am Ende der 80-minütigen Inszenierung ist die Tanzwelt wieder im Lot. Vor dem Finale des Kammerballetts streifen die drei Tänzer ihre Kleider im Farbdreiklang von rot, blau und gelb mit Reifen im Saum ab und zelebrieren eine raffinierte, körperumschlingende Akrobatik-Nummer. So geht Tanz heute! Zuvor entspann sich ein elfteilige Szenen-Folge in Anlehnung an Schlemmers Vorbild. Die starr geometrischen, expressionistisch abstrakten Formen der Kostüme von damals in reinen Farben auf Holz und Metall mildert das Düsseldorfer Ensemble durch geschmeidigere Materialien und weiche Polsterungen ab. Dass der menschliche Körper sich nicht in ein völlig starres Korsett zwängen lässt, ist die liebenswerte Antwort der Truppe. Das Premierenpublikum spendete lang anhaltenden Applaus.

Nach dem Bayerischen Staatsballett mit seiner Rekonstruktion des "Triadischen Balletts" von Gerhard Bohner angelehnt an Oskar Schlemmers unvollendetes Experiment, Skulptur und Tanz zu einem völlig eigenständigen "deutschen Ballett" zusammenzuführen, nutzt nun auch Düsseldorfs "Theater der Klänge" das Ende der rechtlichen Aufführungsrestriktionen, die bis 2014 galten. Mit "TRIAS" legt das kleine rheinische Ensemble um Intendant Jörg U. Lensing eine eigenwillige Interpretation des Tanzstücks in der Choreografie von Jacqueline Fischer vor. "Anstelle automatisierter, starr entmenschlichter Figurinen zu einer mechanisierten Musik thematisiert TRIAS die Explosion und Freude der körperlich-musikalischen Aktion im Theater", formuliert Lensing. Statt "hohe Bauhauskunst" zu zelebrieren, betone seine Inszenierung "das Clowneske und Karnevalistische in Schlemmers Zugang zur Bühne". Dass bei der gefeierten Premiere manches noch deutlich den Charakter von "work in progress" trug und die Anstrengung des ehrgeizigen Unterfangens zu spüren war, verlieh dem Abend eine besonders authentische Note.

Das "Clowneske" gelingt Darwin Diaz als Zylindermann, Harlekin und Weißer Tänzer am besten. Karneval-Klamauk bringt Kai Bettermann aufs Parkett als etwas hölzerner Conferencier und musikalischer Pausenclown mit Cello (samt Degen statt Bogen) oder Straßenmusikus, behängt mit allerlei Instrumentarium von Kuhglocke bis Spielzeug-Quetschkommode und Kinder-Xylophon.
Leise, mit eleganter Armgestik und leichtem Trippeln auf der Stelle beginnt Phaedra Pisimisi im "Rundrock". Klar wie eine Bach'sche Invention perlt dazu die Begleitung des Komponisten-Pianisten Thomas Wansing aus den Tasten. Dramatisch steigert sich das Crescendo von Musik und Bewegung. Grandios wirbelt schließlich die feurige "Spirale 2" (Elisa Marschall) durch den Raum. Edel wirken die "Scheibentänzer" im Profil (Phaedra Pisimisi, Darwin Diaz) in Zeitlupe. Die Musik, nun ergänzt von Cello (Beate Wolff) und Schlagzeug (Oliver Eltinger), laviert zwischen sehr moderater Moderne und fetzigen, motorischen Jazz-Passagen. Die Tänzer kokettieren und triumphieren, gelegentlich erfrischend spitzbübisch, über ihre steifen Körper-Requisiten, behindernden Beinkleider und Polsterungen. So hüpft Darwin Diaz, aufgeplustert wie ein weißer Schlumpf, als Weißer Tänzer in die Arme seiner zierlichen Ballerina Elisa Marschall. Mit ihrem vielfachen Lampenschirmplissee-Tutu und in kostbar glitzernden Spitzenschuhen trägt sie ihn von der Bühne als wär' er nur ein Hauch aus Ballonseide. Auch Elisa Marschall gibt sich als "Glockenpuppe" und "Weiße Tänzerin" verschmitzt, während Phaedra Pisimisi als geheimnisvoll glitzernde "Drahtleuchtfigur" (eine veritable "Königin der Nacht"!) damenhafte Aura ausstrahlt.

Design und Herstellung der 18 ungewöhnlichen Outfits für Taucher, Goldkugeln, Beckentürke, Stäbetürke, Kugelhände und wie sie alle heißen stammen von Caterina Di Fiore und wurden von ihr hergestellt mit Unterstützung von Studierenden der Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Design. Im Dortmunder "Depot" (Immermannstraße 39) finden deshalb auch die ersten Folgestellungen (am 7. und 8. Februar) als Auftakt zur geplanten Tournée statt. "Trias" ist die zweite Produktion des freien Theaterensembles nach "Mechanisches Ballett" mit Schlemmers Bauhaustänzen. Eine Verfilmung beider Produktionen soll in Zusammenarbeit mit der Abteilung "Film&Sound" der Fachhochschule Dortmund folgen.

Ob Schlemmers Ballett - nun befreit von allen rechtlichen Restriktionen - eine Zukunft hat, wird sich zeigen. Einen Platz in der Tanzgeschichte haben seine Ideen schon lange.

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Marie-Luise Jeitschko
www.tanznetz.de/blog/26799/schlemmer-reloaded
 
 
THEATER DER KLÄNGE MIT "TRIAS"
Ein Schlemmer Ballett mit Kostüm-Kopien zum "Triadischen Ballett".

Vorweg das Wichtigste: Erstens hat es mich gefreut, dass wieder jemand Spaß daran gefunden hat, sich mit Oskar Schlemmer und seinen phantastischen Kostümen zu beschäftigen, die er für das "Triadische Ballett" entworfen und realisiert hat. Man kann das Ergebnis immer in der Staatsgalerie in Stuttgart bewundern, denn dort ist ein Großteil davon in einem besonderen Raum ausgestellt. Ganz im Gegensatz zur Originalinszenierung Schlemmers vor 40 Jahren, die durch die Akademie der Künste Berlin und Gerd Bohner als Choreograf realisiert wurde. Damals ein durchschlagender Erfolg, woraufhin Schlemmer vom Goethe-Institut als deutscher Kunstbotschafter zu vielen Gastspielen geschickt wurde, bis irgendwelche Erben plötzlich meinten, es sei jetzt genug und es reiche, wenn man Schlemmers Arbeiten im Museum betrachte. Ganz falsch und glücklicherweise widerlegt Schlemmers Kunst mit Tanz diese Ansicht und nun hat die Sperre den Ablauf des Urheberrechts überdauert.

Man kann Bohners Version von der Juniorkompanie des Bayerischen Staatsballett nun wieder sehen, gefördert durch den "Fonds Erbe". Aber es gibt auch eine neue Version durch das "Theater der Klänge", Düsseldorf, die ich mit Freude im dortigen Tanzhaus gesehen habe. Im Gegensatz zur Fassung von Bohner, der ein grüblerischer Mensch war, und der sperrigen Auftragsmusik, ist diese Fassung leichteren Mutes, nicht so stark durch abgezirkelte Architektur, die die nur schwer tanzfähigen Kostüme sowieso schon beeinflussen. In dieser Fassung sind wesentlich mehr Kostüme in kürzeren Auftritten zu sehen. Die Tänzer müssen sich also fortgesetzt umziehen und mir wurde erst zum Applaus klar, dass nur vier an der Zahl tatsächlich unter den Masken stecken, denn Natürliches gibt es nichts, außer der hinreißenden Musik von und mit Thomas Eltinger ( Piano) live gespielt mit Beate Wolff, Geige, und Thomas Wansing, Schlagzeug.

Schlemmer war auch ein Schelm, der diese Kostüme wohl ursprünglich für eine Art Künstlerfest entworfen hatte und wohl auch selbst eines zumindest zu seinem eigenen Vergnügen anzog, um mit zu tanzen. Es kommt mir so vor, dass die neue Inszenierung (J.U. Lensing) der Intention des Künstlers auch näher kommt. Ich glaube, er wollte in erster Linie Vergnügen bereiten auf hohem Niveau, wie sonst wäre das Tutu, das zwar in keiner der Versionen bisher auf der Bühne erscheint, zu erklären, dessen Teller von vorn bis ans Knie reicht und in der Rückansicht ab der Taille zu den Schulterblättern hochsteht. Natürlich ist das ein Gag, den es zu inszenieren gelte, nicht zu verwechseln mit Marlene Dietrichs Auftritt im berühmtem Kostüm zum "Blauen Engel", auch wenn die Ähnlichkeit in der Machart unbenommen bleibt. In Düsseldorf gab es einen Unterhaltungs-Clown, mit einer Art kubistischer Gitarre, der zu Beginn der Vorstellung allerdings ziemlich seichten Text von sich gab. Es war das schwächste Glied in dieser Modenschau der besonderen Art und es blieb dabei in der Stunde, die es dauerte, kurzweilig choreografiert von Jacqueline Fischer. Es war den engagierten Tänzern Elisa Marshall, Phaedra Pisimisi, Darwin Diaz und Kai Bettermann zu danken, aber nicht minder den Musikern, die so recht für Stimmung sorgten, und gegen Ende mit Rhythmen noch einen draufsetzten, und natürlich der Hauptperson in Absenz: Oskar Schlemmer!

Günter Pick
tanznetz.de
 
 
Mein Eindruck von: "TRIAS - das triadische Ballett"
Oha, Ballett und ich - bis auf wenige Ausnahmen nicht wirklich "gute Freunde". Es hörte sich aber sehr interessant an: Ballett und Bauhaus, Ballett und Architektur - geht das ? Um es vorweg zu nehmen - ja geht ! Geht gut !
Begeistert sogar solche "Ballettbanausen" wie mich, die über Oskar Schlemmer nur "da war doch was mit Bauhaus"wussten.
Das kleine Theater im Depot war ausverkauft - die Zuschauer eine bunte Mischung von 18-8o. Und wir mittendrin.
Begleitet wurde der Abend "Trias - Neuinterpretation von Oskar Schlemmers: Das triadische Ballett" von einer 3-Personen-Band (Klavier und Percussion: Thomas Wansing, Cello: Beate Wolff, Schlagzeug: Oliver Eltinger). Die Musik ist eine Auftragsneukomposition von Thomas Wansing; sie passt aber wirklich wunderbar zu den dargestellten Szenen und Figurinen. Das Theater der Klänge (Düsseldorf) hat das Stück sowohl im szenischen, wie musikalischen und in der Anpassung der Figurinen an heutige Materialien (Catarina di Fiore) wunderbar umgesetzt. (lnszenierung und Regie: J.U. Lensing).
Hm, denke ich, "Triadisches Ballett" ist doch ein seltsamer Name, oder? Warum "Drei"? Ich hab´s teilweise an dem Abend schon verstanden, aber auch nachgelesen: Es bezieht sich auf den Dreiklang, der für Oskar Schlemmer als dreifache Ordnung" eine wichtige Rolle in seinem Schaffen spielte: die drei wichtigsten geometrischen Formen (Kreis, Quadrat, Dreieck), die drei Grundfarben "Rot, Gelb und Blau" drei Tänzer/innen sowie auf einige andere Aspekte. Jetzt wird es ruhig im dunklen Zuschauerraum und alle blicken gespannt auf die kleine Bühne. Es gibt keine Kulissen, gespielt wird vor einem weißen Vorhang. Heiter fängt es an - ein Conferencier (passend: Kai Bettermann, der später auch in anderen Rollen zu sehen ist), führt uns in die Welt des Oskar Schlemmer, dessen Verbindung zum Bauhaus und ein bisschen in die "wilden 20er" ein. Die erste Figurine tritt auf - der Rundrock, in einem gestreiften Rock (hat mich an einen Kreisel erinnert) und einem angedeutet konkaven, roten Oberteil. Mit wunderschönen Bewegungen eröffnet die Tänzerin (Phaedra Pismisi) die Vorstellung. Danach folgen zu mittreissenden, gute Laune erzeugenden Klängen des Musikerensembles 8o Minuten lang wechselnde Szenen mit Figurinen in ansprechenden Bewegungen unterbrochen vom Conferencier als Cello-Clown und Musikalischer Clown. Alles ist leicht und fröhlich unterstrichen von u.a. Charleston-Klängen, der Stimmungsmusik der 20er.

Nach dem "Fall des weißen Vorhangs" verändern sich Stimmung und Darstellungen - es wird "wilder, aber auch ernster". Das Zusammenspiel von Tanz, Form und Kostüm findet jetzt vor schwarzem Hintergrund statt - auch die Figurinen selbst sind dunkler. Es verwundert etwas, nach der heiteren Szenerie davor, aber es ist ein "guter" Bruch - es nimmt Auge, Ohr und Seele mit. Mittendrin gibt es ein super Solo des Musikerensembles, was mit einem langen spontanen Applaus gewürdigt wurde. ln der Abschlussszene holen uns die drei wirklich guten, trotz der Begrenzung durch die äußere Form der Kostüme sehr ausdrucksstarken Tänzer/innen in blau (Darwin Diaz), rot: (Phaedra Pisimisi) und gelb:(Elisa Marschall) mit ihren raschelnden, wippenden Ringröcken wieder ins Hier und.jetzt zurück. Ein schöner Abend geht mit donnerndem Applaus langsam zu Ende.
Auch für mich als "Nicht-Ballett-Fan" ein wunderbares Erlebnis, das ich mir sicher noch einmal anschauen werde. Eine schöne Produktion des kleinen freien Düsseldorfer "Theaters der Klänge" das mit dieser Neuinszenierung eine fast 1oo Jahre alte Produktion absolut in der Moderne ankommen lässt. Oder, um es mit einem Zitat Oskar Schlemmers zu sagen: "Das triadische Ballett wird keine Weltanschauung tanzen, was niemanden daran hindern soll, eine solche darin zu finden. Es wird vielmehr reine Lust am Fabulieren sein, ein Fest in Form und Farbe. Und das war es! Was die Standing Ovations am Ende der Vorstellung eindrucksvoll bewiesen. Es hat mir viel Spaß gemacht.

PDF:  Mein Eindruck von: [ download ]

Frau Rossi
Fraurossiblogt
 
 
Heitere Hommage an Schlemmer
Das "Triadische Ballett", von Albert Burger und Elsa Hötzel in Zusammenarbeit mit Oskar
Schlemmer seit 1915 konzipiert, wurde 1922 in Stuttgart uraufgeführt. Ihm liegt ein
stringentes Konzept vom Dreiklang in Form, Farbe, Raum zugrunde. Nachdem Schlemmer
ab 1920 als Lehrer am Bauhaus tätig war und sich Formelemente, wie sie in der dortigen
künstlerischen Gestaltung verwendet wurden, wiederfinden, wird das "Triadische Ballett" im Laufe des 20. Jahrhundert fast zu einer Ikone des Bauhauses. Nach Auslaufen der
Urheberrechte im letzten Jahr, ist eine freie Interpretation möglich. Das Theater der Klänge nutzte diese Möglichkeit nun und überzeugte mit einer überraschenden Neuinterpretation.
Die Begleitmusik wurde völlig neu geschrieben. Statt Händel, Mozart, Debussy und Enrico
Bossi ertönt schwungvolle, vom Jazz inspirierte Musik, die von einem kleinen Ensemble mit
Piano, Percussion und Cello live aufgeführt wird. Die phantasievollen Kostüme halten sich
im Wesentlichen an die Vorlagen, sind aber offenbar aus flexibleren Materialien gefertigt. Statt der starren, eher eckigen Bewegungen sind jetzt weichere möglich. Eingeführt wird ein Conférencier und clowneske Elemente, so dass das Leichte betont wird und ein heiterer Eindruck entsteht. J.U. Lensing schließt damit an die Revuen der Goldenen 1920er Jahre an und lässt zugleich die ungebändigte Lebensfreude der damaligen Zeit aufblitzen. Die famose Darbietung sowohl der Tänzer als auch der Musiker rief beim Publikum enthusiastische Begeisterung hervor.

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Dagmar Kurtz
Theaterkompass
 
 
Ein Augenschmaus für Schlemmer
Düsseldorf. Das Publikum im Düsseldorfer Forum Freies Theater ist begeistert ähnlich wie vor fast 100 Jahren, als Oskar Schlemmer sein "Triadisches Ballett" aus der Taufe hob. Die Figurinen mit Tellertutu oder Tauchermaske, Zylindern oder Kugeln gleiten über die leere Bühne, entfachen tiefsinnigen Ernst oder Heiterkeit. Zwei von den Original-Teilen des Bauhaus-Künstlers Schlemmer rekonstruierte das Theater der Klänge und präsentiert sie jetzt unter dem Titel "Trias" in Düsseldorf.
Tiefsinnige Clownerien Musikalische und szenische Clownerien, die überwiegend durch die 18 grotesk surrealen Kostüme entstehen und mit zweiter und dritter Dimension spielen, ziehen in knapp 90 Minuten vorüber. Inszenierung (Jörg U. Lensing) und Choreographie (Jacqueline Fischer) orientieren sich am Original und an der Ästhetik der 20er Jahren wie auch die farbenfrohen Kostüme von Caterina di Fiore und die musikalische Begleitung von Thomas Wansing. Cello, Klavier, Percussion und Schlagzeug treiben zwölf skurrile an, die bis heute als Meilensteine der Kunst gelten.
Da trippelt, wie eine flache Schale bemalt, die Tänzerin Phaedra Pisimisi. Sie verbeugt sich, dreht sich mit dem Rundrock im Kreis und beginnt einen Dialog mit einem Taucher (Kai Bettermann). Sein Kopf steckt in einem großen Kugelhelm, der uns heute an Raumfahrer-Kleidung erinnert, seine Beine in dick wattierten Röhrenhosen. Er hüpft und rutscht hin und her.
Mechanische Bewegungen bieten dann ein Zylindermann und eine Glockenpuppe. So steif wie Marionetten bewegen sie sich, bis sie in weichen Bewegungen kreisen. Die Athleten bewahren meist ein Augenzwinkern. Ebenso, wenn sie als weißes Tanzpaar (Elisa Marshall und Darwin Diaz) klassisches Ballett parodieren. Die Ballerina in weißem Tutu ergeht sich in akademischen Posen, flattert wie im ‚Schwanensee’ mit den Armen, bis sie plötzlich mit ihrem Partner (in stark wattiertem Ballett-Trikot) swingt und die lockeren Schultern schlottern lässt.
Humorvolle Szenen, wie auch ein kunterbunter Harlekin, der sich aufplustert und wieder zusammensackt, stehen im Kontrast zu düsteren Miniaturen. So verweisen die ‚Scheibentänzer’, deren Körper durch eine Scheibe wie geteilt und unbeweglich wirken, auf das Unheil des Ersten Weltkriegs - auch wegen der römischen Kriegshelme auf ihrem Kopf .
Am Ende drehen und rauschen die Tänzer in Glockenkostümen in den drei Grundfarben Blau, Gelb und Rot - bis sie die Gewänder ablegen und in einfachen Trikots langsam entschwinden. Fazit: Wenn diese tänzerisch reduzierte Performance auch eher ins Museum passt, so kann man sie doch Freunden des Balletts und der Bildenden Kunst empfehlen.

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Michael-Georg Müller
NRZ
 
 
Überzeugende Neuauflage für Schlemmers Ballett
Es ist schon bewundernswert, wie die Tänzer in den sperrigen Kostümen über die Bühne des FFT im Juta schwirren. In Zylindern, Kugeln, Scheiben und Lampions auf dem Kopf und Röcken mit Bällen und in dick gepolsterten Kostümen: Aber genauso hatte es Oskar Schlemmer 1915 arrangiert, als er in Stuttgart mit dem "Triadischen Ballett" eine Brücke schlug zwischen Tanz und Bildender Kunst, Geometrische Figuren müssen den Raum erobern, das war für den berühmten Bauhaus-Künstler oberstes Gebot.
Das Theater der Klänge erinnert mit seiner neuen Produktion "Trias" erneut an die Aufbruchstimmung der Künstler in den 1910er/ 1920er Jahren, Obwohl historisch rekonstruiert, haben die surreal wirkenden Spieldosen-Figuren und zwölf meist heiteren Szenen auch heute noch einen Reiz, locken ein Publikum an, das an Tanz und Bildender Kunst interessiert ist. In Szene gesetzt von Jörg U. Lensing, choreographiert von Jacqueline Fischer und musikalisch begleitet von einem Trio (Cello, Klavier und Schlagzeug) unter Thomas Wansing entfachen die Tänzer in 13 verschiedenen Kostümen (Caterina di Fiore) den berühmten Bauhaus-Sog der Einfachheit.
Tänzerisch ist "Trias" sicherlich wenig aufregend. Keine spektakulären Schrittfolgen, keine atemberaubenden Luftsprünge. Stattdessen faszinieren die fantasievollen Kostüme. Eine Ballerina mit steifem Rundrock, der an einen Kreisel erinnert, ein Taucher mit einem Outfit, das für uns heute wie ein Raumfahrer-Anzug wirkt. Bei einem Goldkugel-Kostüm stecken sogar die Arme in der glänzenden Kapsel. Humorvoll und komisch purzelt ein Harlekin hinein, plustert sich wie ein Gewichtheber auf, und rollt in seinem Fünf-Farben-Trikot zusammengefaltet von der Bühne. Manchmal persiflieren die Athleten sogar klassisches Ballett. Eine Tänzerin in Weiß trippelt und kreist mit ihren Armen wie eine Schwanenkönigin. In großer Pose nähert sich ihr männlicher Partner. Die ironisch heitere Grundstimmung verdunkelt sich nur selten, in nachdenklichen Szenen mit Scheiben und Helmen, die auf die Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs deuten.

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Max Kirschner
WZ
 
 
Fest der Formen und Farben
Am Ende ist die Tanzwelt wieder im Lot. Vor dem Finale des Kammerballetts "Trias" streifen die drei Tänzer ihre Kleider im Farbdreiklang von Rot, Blau und Gelb ab und zelebrieren eine raffinierte Akrobatik-Nummer. So geht Tanz heute! Zuvor entspann sich ein "Fest in Form und Farbe", wie es der Bauhauskünstler Oskar Schlemmer vor fast 100 Jahren für sein "Triadisches Ballett" angedacht hatte.
Die starr geometrischen Kostüme von damals milderte das Düsseldorfer Theater der
Klänge bei der Premiere der Neuinterpretation am Mittwoch durch geschmeidigere
Materialien und weiche Polsterungen ab. Dass der menschliche Körper sich nicht in
ein völlig starres Korsett zwängen lässt, war die liebenswerte Antwort des kleinen
Düsseldorfer Ensembles. Das Premierenpublikum spendete lang anhaltenden Applaus. Leise, mit eleganter Armgestik und leichtem Trippeln auf der Stelle begann Phaedra Pisimisi im Rundrock die zwölfteilige Szenenfolge fast elegisch. Klar wie eine
Bachsche Invention klang dazu die Begleitung des Komponisten Thomas Wansing
auf dem Klavier. Wie ein Crescendo steigerten sich Musik und Bewegung.
Feurige Spirale Grandios die feurige Spirale 2 (Elisa Marschall)! Edel die metallischen Scheiben im Profil (Pisimisi, Darwin Diaz). Die Musik, nun ergänzt von Cello (Beate Wolff) und Schlagzeug (Oliver Eltinger), lavierte zwischen sehr moderater Moderne und fetzigen, motorischen Jazz-Passagen. Die Tänzer kokettierten und triumphierten, gelegentlich erfrischend spitzbübisch, über ihre steifen Körper-Requisiten. Design und Herstellung der ungewöhnlichen Outfits stammen von Caterina Di Fiore und wurden von ihr hergestellt mit Unterstützung von Studierenden der FH
Dortmund, Fachbereich Design.

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Ruhrnhttp://www.ruhrnachrichten.de/leben-und-erachrichten.de
 
 
Schlemmers Kubistischer Scherz
Wie soll man bloß in so etwas tanzen? Körper, die mit Drahtgestellen,Tellerröcken aus Kunststoff, Kugeln, Röhren und Scheiben behängt sind. Ballerinas auf Spitze deren Tütüs wie eine Ziehharmonika aufgefächert sind und bei jedem Schritt wippen dass sie kaum noch die Ballance halten können.Ein Tänzer dessen Kopf in einer riesigen fensterlosen Kugelkapsel steckt.
Ein ,,kubistischer Scherz" spotteten Zeitgenossen nach seiner Uraufführung 1922. Als ,,Fest in Form und Farbe" bezeichnete sein Schöpfer, der Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer, selbst seinen Kostümtanz, das ,,Triadische Ballett".Anfang der 1920er Jahre hatten sich gerade Teile der Tanzwelt das Korsett des klassischen Balletts vom Leib gerupft. Emile Jaques-Dalcroze feiert mit Rhythmischer Gymnastik den natürlichen Körper und scharte Schülerrinnen wie Mary Wigman und Grete Palucca um sich. Und dann kommt er, ein-Maler und Bildhauer der Bauhaus-Schule und stülpt dem Tanz die bizarrste Kostümierung seiner Geschichte über. Der Anfang eines neuen deutschen Balletts sollte gemacht sein - daraus wurde bekanntlich nichts. Nur wenige male wurde das Stück zu Schlemmers Lebzeiten aufgeführt. Die Choreographie ist verschwunden. Von den Figurinen gibt es zwar Fotos und Skizzen doch in den letzten Jahrzehnten hatte ein Erbe Schlemmers jede öffentliche Auseinandersetzung mit dessen Werk verhindert.
Im vergangenen Jahr ist die 70 jährige Urheberrechtsfrist abgelaufen und das Ballett darf wieder gezeigt, zitiert neuinterpretiert werden.Darauf hat die Düsseldorfer Gruppe "Theater der Klänge" um Regisseur Jörg U. Lensing gewartet. Schon vor 28 Jahren hat sie als Gründungsstück "Die mechanische Bauhausbühne" erfolgreich inszeniert. Jetzt also "Trias" eine Neuinterpretation des Kostümballetts als anarchisch durch Zeiten und Stile reisende Wundertheater,Trotz des knappen Budgets hat die Gruppe gemeinsam mit Kostümbildnerin Caterina Di Fiore di 18 aufwendigen Tanzskulpturen detailverliebt nachgebaut und variiert.
Choreographin Jaqueline Fischer gestaltet jeden Auftritt in dieser fantasievollen Kostüm-Revue mit einer anderen Bewegungssprache. Sie nutzt die schnörkeligen Handbewegungen des barocken Hoftanzes für das Kostüm "Rund-Rock" in dem sich die Tänzerin dank eines meterbreiten Tellerrocks aus Kunststoff kaum bewegen kann.Es gibt Spitzentanz Streetdance, grotesk-militärische Exerzitien und Bodybuilder – Posen für einen ausgestopften Harlekin. Dazu eine faszinierend variationsreiche Komposition von Thomas Wansing, in der wie von Ferne Fetzen einer Fuge von Bach zu hören sind später, das jüdische Swinglied ,,Bei mir bist du schön" bis langsam die verspielte Tanzbegleitung zu einem abgründig-auf peitschenden Soundteppich moduliert wird - man ahnt die Kriegstreiberei der Zeit . Über den manchmal neckischen Humor in den Szenen könnte man streiten, auch Interludien mit einem musikalischen Clown wären nicht nötig gewesen.Denn viel stärker sind die Momente an diesem Abend in denen die drei Tänzer trotz der absurd-schweren, sperrigen Maskerade ihren Figuren Würde und Schönheit - ja sogar Anmut verleihen. Tatsächlich kann man sich kaum ein besseres Remake des Triadischen Balletts vorstellen als diese famose Adaption.
Ein zeitgenössich-reflektierter Meta- Schlemmer und: Eine liebevolle historische Hommage.

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Nicole Strecker
KstA
 
 
,,Trias" feiert Premiere im FFT Juta
Umringt von ihrem unbeweglichen Streifenrock, kauert die Tänzerin Phaedra Pisimisi ganz still auf dem Boden. Zu Klaviermusik beginnt sie sich sachte zu bewegen, steht aufrecht auf bloßen Füßen, lässt die Arme flattern wie zarte Flügel. Dann huscht sie davon, um sich in der zweiten Szene von ,,Trias" zu einem seltsamen großäugigen Wesen mit glänzendem Helm zu gesellen. Oskar Schlemmer taufte die beiden Figuren ,,Rundrock" und ,,Taucher", als er das 1922in Weimar uraufgeführte,,Triadische Ballett" entwickelte. Es gilt als bedeutendstes Bühnenwerk des Bauhaus-Künstlers. Gleichwohl wurde es seit Jahrzehnten nicht mehr gezeigt.
Das Düsseldorfer,,Theater der Klänge" stellt in diesen Tagen eine zauberhafte Neuinterpretation im FFT Juta vor. Der Andrang ist riesig. Bei der ausgebuchten Premiere vertrauten einige Besucher ohne Karte auf ihr Glück, manche harrten eine Stunde an der Kasse aus. Auch die Veranstaltungen an diesem Wochenende sind bereits ausverkauft.
,,Trias" beschert dem Publikum eine außergewöhnliche Reise voller Poesie und Humor. Die Inszenierung von J.U. Lensing unter der choreografischen Leitung von Jacqueline Fischer hält sich exakt an die vorgegebene Folge von elf Szenen.
Es treten phantasievoll ausstaffierte Figuren auf: der Zylindermann, die Glockenpuppe, die Scheibentänzer, die Drahtleuchtfigur, die wie eine strahlende Sternenfee über die schwarze Bühne schwebt.
Als Cello-Clown und Herrscher über ein komplettes Mini-Orchester, das er am Leib trägt, zitiert Kai Bettermann die Revuen der,,Golden Twenties".
Nur das Schlussbild entfernt sich mit einer eigenen Interpretation von Schlemmers Abstraktions-ldee. Phaedra Pisimisi, Elisa Marschall und Darwin Diaz lassen ihre roten, gelben und blauen Reifröcke nur so fliegen. Hier schweigt die Musik, nur das Rascheln des Stoffes ist zu hören. Bis sich die drei aus ihren strengen langen Roben schälen und ihr heiteres körperbetontes Spiel entfalten.
Ein stimmiger Schlussakkord für dieses erquickliche Ballett, das die Lebensfreude der 1920er Jahre und die unbändige Lust auf tänzerische Bewegung feiert. Der Musik kommt eine ebenbürtige Rolle zu. Wenn sie sich mitunter verselbständigt, spürt man erst recht, wie brillant Thomas Wansing (Klavier, Percussion), Beate Wolff (Cello) und Oliver Eltinger (Schlagzeug) aufspielen. Lautstarken Jubel aus dem Publikum gab es am Ende für alle Beteiligten.

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(gold)
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SpanienTournee
Barcelona, 05.05.2019 Valencia, 07.05.2019 Bilbao, 09.05.2019
Eine Tänzerin sitzt in einem bonbonbunt geringelten Tellerrock
aus Kunststoff auf der Bühne. Das sperrige Kostüm
lässt sie wie einen Kreisel aussehen. $ie schnörkelt mit
barocker Eleganz die Hände, erwacht im Bewusstsein ihrer
begrenzten Existenz zum Leben wie einst die Spielzeuge
im berühmten Ballett "Die Puppenfee". "Das triadische
Ballett, das mit dem Heiteren kokettiert, ohne der Groteske
zu verfallen, das Konventionelle streift, ohne mit dessen
Niederungen zu buhlen, zuletzt Entmaterialisierung der
Körper erstrebt, ohne sich okkultisch zu sanieren, soll die
Anfänge zeigen, daraus sich ein deutsches Ballett entwickeln
könnte... "Oskar Schlemmer, 1922. Das triadische Ballett
von Schlemmer ist sein berühmtestes Bühnenwerk und das,
welches am meisten mit der Bauhausbühne verbunden wird.
Niemand weiß genau, wie er und das Tänzer-Ehepaar Albert
Burger und Elsa Hötzel sich vor rund 100 Jahren die Revolutionierung
des Tanzes vorgestellt haben. Das Theater der
Klänge aus Düsseldorf inszenierte den verrückten Kostümtanz
Schlemmers neu. Mit 18 eigens gebauten Figurinen und
komponierter Musik von Thomas Wansing erzählt Regisseur
Jörg Lensing in den Szenen viel über die Themen der Zeit
und über Oskar Schlemmer selbst. Choreografin Jacqueline
Fischer mixt Streetdance, Spitzen- und Standardtanz,
Folklorezitate und schließlich auch zeitgenössischen Tanz.
Das Ende zeigt mit den klassischen Bauhausfarben rot,
gelb und blau die Geburt des damals von vielen Wortführern
beschworenen "neuen Menschen".

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