modul|a|t|o|r
 
Le Corbusier vertikal gesampelt
Der Museumswärter ist ein penibler Mann. Er scheucht den Besucher vom Stuhl auf, als hätte der sich auf eine Kiste Eier gesetzt . Der Herr hatte es sich in einem Prototypen Le Corbusiers von 1952 gemütlich gemacht. Wo hört das Möbel auf, wo fängt die Kunst an? Der streitbare Kunstliebhaber lässt sich von dem Luxusobjekt aus Chrom und Leder, gefertigt nach menschlichen Idealmaßen, nicht beeindrucken. Der Klassiker verursache Rückenschmerzen, Das interdisziplinäre Theater der Klänge hat le Corbusiers Theorie vom Menschen als Maß aller Dinge noch allen Regeln der Kunst hinterfragt und seine Assoziationen mit imposantem technischem Aufwand realisiert. Der Titel Modul/a/t/ or bezieht sich auf das von dem schweizer Architekten entwickelte Maßsystem «Modulors, orientiert am «Goldenen Schnitte durch den menschlichen Körper Es kannte sich aber nicht durchsetzen – aus gutem Grund, wie das Team um Regisseur Jörg Lensing demonstriert.
Wer hat überhaupt Le Corbusiers Traum-Maße? Kaum jemand, wie zwei Tänzerinnen, zwei Tänzer und zwei Schauspieler anhand ihrer Maß-Stäbe in der Neuen Aula der Folkwang-Hochschule Essen vormachen. Der Bauchnabel zu tief, der Arm zu kurz, überhaupt, die ganze Frau zu klein. Stoff für spitzfindige Sketche und Satire- Vorlesungen, in denen Clemente Fernandez als spinnerter Mathematiker oder Abbild des Fernsehmoderators Ranga Yogeshwar erstklassig unterhält. Es sind diese technisch bedeutungslosen Szenen, die das Stück erden.
Jörg Lensing überträgt den Tänzern die Aufgabe von Musikern, die auf dem Instrument «intelligente Bühne» spielen (Komposition und Programmierung: Thomas Neuhaus). Hironori Sugata hebt seinen rechten Arm, und eine sanfte Herbstbrise scheint am Ohr vorbei zu huschen. Er beginnt zu tanzen, und je noch Stärke der Schritte und Sprünge erklingt ein Geräusch, als schlage jemand mit der Hand vor ein Mikrofon oder - leider selten - zupfe jemand eine Gitarrensaite. Die in die Bühne eingebauten, mit speziellen Computerprogrammen verbundenen Sensoren hätten mehr Streicheleinheiten vertragen können. Auch die gesampelten Texte als echoende Kakophonie sind keine willkommene Innovation. Apropos: Hat nicht Gerhard Bahner 1989 in « lm (Goldenen) Schnitte den Tänzer per Ultraschallsensoren zum Musiker gemacht?
Auf der quadratischen Leinwand wird ebenfalls gesampelt. Die Bilder eines Tänzers, der mit ausgebreiteten Armen um die eigene Achse fliegt, legen sich über einander, bis ein vertikales Gebilde wie eine Wirbelsäule die Projektionsfläche sprengt. Ariane Brandt bildet mit ihrem Körper geometrische Formen, die als menschliche Ornamente erscheinen und sich permanent verändern. Sie öffnen und schließen sich wie Blüten. Schöne Bilder, nur irgendwie hat man das alles schon gesehen. Und die Fülle an Bild- und Klangmaterial wirkt erdrückend, so dehnt der «Modul/a/t/o/r» das Zeitmaß von 90 Minuten wider die Norm..

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Bettina Trowborst
ballettanz
 
 
Verzweifelter Durchschnitt
Der Mann im Bademantel hat ein Problem. Er sitzt in einem New Yorker Hotel fest. Auf dem Weg zur Hochzeit seiner Schwester ist sein Gepäck in Toronto gelandet. Was er am Leib trug, brachte er in die Reinigung, die aber gab seine Kleidung versehentlich einem anderen heraus. Nun versucht Herr Meyer, einem Herrenausstatter -der Mann spricht gottlob deutsch - seine Größe zu beschreiben, auf dass der ihm einen Anzug und Schuhe ins Hotel bringen lasse.
Hier offenbart sich die Tücke der Maße : Was ist eigentlich ein Meter? Wie viel Inches ist Meyer groß? Wie viel Feet? Und wer ist eigentlich normal groß? George W. Bush? Helmut Kohl? Clemente Fernandez ist - nicht nur in seiner Rolle als Karikatur eines verzweifelten Durchschnittsmenschen — der Lichtblick in "Modulat/a/o/r", dem neuen Stück des Theater der Klänge, das vor allem eines will: nur nicht der - vor allem technischen - Norm entsprechen.
Eine Batterie an Monitoren, Mischpulten und Computern besetzt eine mittlere Reihe in der Neuen Aula der Folkwang-Hochschule, wo "Modul/a/t/o/r" nun zur Eröffnung des internationalen Festivals "November Musik/Ex Machina" uraufgeführt wurde. Von dieser Mittelreihe aus wird die intelligente Bühne gesteuert, die gemäß dem Grundsatz Le Corbusiers funktioniert: "Der Mensch ist das Maß aller Dinge." Zum Leben erweckt der Tänzer das mit nicht sichtbaren Sensoren ausgestattete Instrument Bühne. Sobald Hironori Sugata asymmetrische Figuren tanzt, tritt er in einen Dialog mit seiner Umgebung, erklingt mit jedem Schritt ein Geräusch. Ein unangenehmes, als schlüge jemand mit der Hand vor ein Mikrofon. Je intensiver die Bewegung, desto lauter, dumpfer der Ton. Die filigranen Sprünge, das leise Aufkommen produzieren zarte Klänge, ähnlich dem Zupfen einer Gitarrensaite. Daraus ließe sich ein wunderbares Konzert komponieren.
Leider aber interessieren sich Thomas Neuhaus und Jörg Lensing (musikalische Entwicklung und Realisierung) mehr für die dumpf-blechernen Klanggewitter, entfesselt von einer Tänzerin, die sich elegant über den Boden kugelt. Und wenn der clevere Computer zuvor gesprochenen Text sampelt, klingt ein enervierender Sprachsalat als Echo nach. Da sind die musikalischen Effekte, die eine Truppe wie "Stomp" Mülleimerdeckeln entlockt, irgendwie überzeugender.
Was mit dieser interaktiven Technik möglich wäre, lässt eine kurze Szene erahnen. Sugata bewegt langsam einen Arm nach vorne und erzeugt damit ein Geräusch wie eine Herbstbrise – Musik für den Körper! Im übrigen: So innovativ, wie das Programmheft suggeriert, ist "Modul/a/t/o/r" nun auch nicht. Gerhard
Bohner hat in schon "Im (Goldenen) Schnitt" 1089 den menschlichen Körper zum Musiker gemacht, indem Tänzer per Ultraschallsensoren Computerprogramme aktivierten, Die japanische Avantgarde experimentiert seit Jahren mit Stimmen und Klang als Raumbildern.
Auch das Sampling auf visueller Ebene per Kamera scheint die jahrelangen Versuche nicht wirklich zu lohnen. Carlos Martinez Paz` rasante Drehungen um die eigen Achse sind mit nachfliegendem Schatten auf der Leinwand zu sehen - ein schönes Bild, nicht mehr. Ariane Brandts Tanz vervielfältigt sich als Bildmaterial sekundenschnell, bis die ganze Projektionsfläche aus kleinen Bausteinen besteht, in denen sie sich bewegt. Mit menschlichen Ornamenten, genormt im Sinne Le Corbusiers, lässt sich spielen – aber kennt man das alles nicht längst?
Die Theorien des Architekten hat Regisseur Lensing in den unterhaltsameren Passagen des 90-minütigen Stückes zwischengeschaltet. Satirisch jagt Fernandez wie ein zahlensüchtiger Woody Allen durch fragwürdige Normen. Die Tänzerkörper formen dazu Stühle, Liegen und andere Möbelstücke - da endlich mit Sinn und Sinnlichkeit.

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Bettina Trowborst
Süddeutsche Zeitung
 
 
Der Ton des Tänzers
Seit zehn Jahren experimentieren sie mit Humor, Technik und jeder Menge Fantasie lustig drauflos: das "Theater der Klänge" und sein Leiter, der Düsseldorfer Komponist Jörg Udo Lensing. Mit multimedialen Möglichkeiten wird die Bühne erobert. Mittels Lichtschranken und Ultraschall-Ortungssystem haben sie 1992 er Musik und Licht durch Bewegung zu steuern.
In der Folgezeit hat das Ensemble aus Schauspielern, Technikern, Musikern, Tänzern, Komponisten und Bildenden Künstlern seinen Weg als "Integratives Theater" fortgesetzt. Tradiertes Theater wie neueste Technologie erhalten ihren Raum. Im Rahmen des Festivals "Ex Machina - November Music" wurde in der Neuen Aula der Folkwang Hochschule das Opus "Modulator" aus der Taufe gehoben: Tanztheaterstück nach Le Corbuster, der das Maß aller Dinge im Menschen sieht.
Mit ein bisschen Augenzwinkern ist von menschlichen Proportionen, Kleider- und Wohnwagengrößen, Sitzmöbeln und Einrichtungsgegenständen von Zahlengrößen, -spekulationen und -mystik, von geometrischen Formen, die im Körper stecken, die Rede: ja, die Rede. Denn in diesem ‚Tanztheaterstück werden Vorträge gehalten, wird vermessen, vom kleinen Finger bis zum Nabelhöhe. Aber es wird auch heftig und deftig getanzt, kraftvoll, brutal; mit Stiefeln an den Füßen.
Und das nicht ohne Grund. Denn der Bühnenbaden ist per Mikro sensibilisiert, die Luft auch, Kurzum; Wenn die Tänzer Arme und Beine schwungvoll werfen, ihre Körper per Salto oder Drehung in die Luft katapultieren, sich übereinander schmeißen - und das alles mit unbeweglichen Gesicht - , dann kracht es.
Dann ertönen Gongs oder sonst irgendwelche Geräusche; dann tut sich etwas auf der Leinwand: Entweder sieht man dort überlebensgroß verzerrt menschliche Proportionen oder faszinierende Bewegungsspuren, - oder ineinander verschachtelte Formen.
Für die Musik war in diesem Stück Thomas Neuhaus zuständig, der mit dem Klangmaterial der Tänzer arbeitete und daraus Rhythmen und Klangcluster per Computer schuf: Ein sehenswertes Theater, frech und experimentierlustig, eine Spur zu lang allerdings. Wieder einmal begeisterter Applaus.

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DSG
Neue Rhein Zeitung
 
 
Der Mensch ist das Maß aller Dinge
Wieviele Male muss man den kleinen Finger anlegen, um seine Körpergröße zu vermassen, wieviel Kubikmeter Luft braucht ein Single in seiner Wohnwabe, wie groß muss man sein, um einen Stuhl von Le Corbusier angenehm zu finden?
Solche und noch viel mehr Fragen stellte man sich im neuen Tanzstück vom Theater der Klänge, das jetzt in der Neuen Aula der Folkwang Hochschule im Rahmen des Festivals "Ex Machina/november music 2002" seine Uraufführung erlebte.
Jörg Udo Lensings Theater beschäftigt sich seit rund zehn Jahren mit experimentellen Dingen, wobei multimedial gearbeitet wird. "Modulator" das neueste interaktive Musik- und Tanztheaterstück, das die Theorie von Le Corbusier aufgreift, der Mensch sei das Maß aller Dinge, wird humorvoll und fantasiereich aufgearbeitet.
Es gibt einen Schauspieler, der ganze Vorträge über Zahlenverhältnisse zum Besten gibt, es gibt Tänzer, die lautstark und vital herumwirbeln, dass es kracht. Es gibt eine Riesen- Leinwand, auf der der Mensch verschoben und zerstückelt erscheint, manchmal auch ganz normal.
Bühnenboden und Bühnenraum sind total verkabelt. Die Geräusche der Tänzer werden per Computer kunstvoll von Thomas Neuhaus in Klangcluster und Rhythmen umgesetzt, die aus allen Ecken dem Zuschauer und -hörer entgegen tönen. Lensing, der mit seinem Ensemble zwischen Mittelalter, Bauhaus und der Technik des 21. Jahrhunderts pendelt, ist wieder einmal ein verrückt fantastisches und freches Theaterstück gelungen.

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DG
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
 
 
Tanz´ die Mathematik
Man muss schon einiges an Hilfsmitteln auffahren, um den Zahlenteufel an die Wand zu tanzen. Diesen Computer zum Beispiel, mit dem sie die Bühne - die Kampfarena gewissermaßen — verkabelt haben. Die Lautsprecher, die all den Krach, die flirrenden Töne, die Elektrogeräusche und verzerrten Stimmen durch den Zuschauerraum treiben und damit den Belzebub auch aus der letzten Ecke holen. Ja, und zuletzt natürlich den Humor. Den mag der Zahlenteufel gar nicht; Humor ist so unberechenbar.
Tanz’ die Mathematik: Das "Theater der Klänge" hat im FFT Juta sein Stück "modul/a/t/o/r" auf die Bühne gebracht. Die einzelnen Tanz-, Spiel und - Comedy-Szenen beschäftigen sich mit der ästhetischen Theorie des visionären Schweizer Architekten Le Corbusier (1857-1965), nach dem der Mensch das Maß aller Dinge: ist. Klingt gut, erstmal. Corbusier entwickelte das Maßsystem "Modular", das sich am Goldenen Schnitt und an den Proportionen des "gut gebauten menschlichen Körpers" orientiert. Fuß, Solarplexus, Fingerspitze des ausgestreckten Arms bilden Koordinaten. Le Corbusiers Ideal-Mensch allerdings muss exakt 1,73 Meter groß sein, sonst wird's unbequem etwa auf den danach entworfenen Stühlen. Wer aber ist schon genau so proportioniert? Wer genau so groß? Der Teufel also sitzt im Detail, das macht das "Theater der Klänge" in dieser Premiere deutlich, und deshalb hat sich der Modular nie gegen Inch und Meter durchgesetzt.
Das Theater der Klänge nun nimmt die Theorie auf, recycelt den edel leuchtenden Kern, nach dem der Mensch das Maß aller Dinge ist, und tritt den verqueren Zahlenkram in die Tonne. Nichts passiert auf der kargen Bühne, wenn niemand auftritt, nicht mal auf der Videowand. Wenn aber der Mensch kommt und tanzt, spielt er den Raum wie ein Instrument. Statt zur Musik zu tanzen, tanzt er die Musik: Mit hohem technischen Aufwand sind die Bretter verkabelt worden, Sensoren machen jeden Schritt der Akteure zum Geräusch, das elektronisch in den Zuschauerraum verstärkt wird.
Die Bewegungen sind teils brutal, teils zärtlich; oft gehen sie in Wellen von den von Le Corbusier als Koordinaten bezeichneten Stellen aus. Das Zucken in der Fingerspitze weitet sich zur athletischen Tanzfigur. Manche Szenen erinnern an Videos zu frühen Stücken der französischen Elektronik- Pioniere "Daft Punk", anderes ist geometrisches Experiment, der Körper als Gleichung, aus der auch schon mal ein Möbel geformt wird, an und auf dem man sitzen kann.
Geistreich springen die Darsteller mit der Theorie um, in spitzfindigen Spielszenen treiben sie ihren Jokus mit dem Zahlenirrsinn. Ein Darsteller gibt die Abziehbild-Variante des aus Wissenschafts-Sendungen bekannten Moderators Ranga Yogeshwar, in einer anderen Szene wird durch Zahlenverdrehung das Attentat vom elften September zur Verserung kosmischen Ausmaßes hochgerechnet. Das alles ist sehr intelligent und humorvoll an einigen Stellen komisch, auch wenn sich gelegentlich einiges wiederholt.
Nach und nach wird das natürlich zum Bericht vom Kampf des einzelnen gegen die Normiertheit, Tanzende Körper sprengt das aufgezwungene Maß. Er wird unberechenbar. Die Projektion auf der Videowand spiegelt den tanzenden Mensch erst, verzerrt ihn dann zum Ornament, bis er nur noch als Lichtpur zu erahnen ist. Ausrechnen kann man ihn nun nicht mehr. Mit dem Ausklingen der letzten Tonkaskade endet auch der faule Zahlenzauber. Der Mensch überwindet Modulor. Das macht doch Hoffnung.

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Philipp Holstein
Rheinische Post
 
 
Ornamente aus Fleisch und Blut
"Ich bin 1,73 Meter groß - aber was ist eigentlich ein Meter?" Die neue Produktion des Theaters der Klänge "Modulator" setzt sich auf amüsante und faszinierende Weise mit dem von dem Architekten Le Corbusier entwickelten Maßstem "Modulor" auseinander, das sich am Ideal des ‚Goldenen Schnitts’ orientiert und von den Proportionen des "gut gebauten" Körpers ausgeht.
Dieses Proportionsschema vom "Menschen als Maß aller Dinge" setzte sich aber nicht durch, aus gutem Grund, wie die zwei Schauspieler und vier Tänzer um Regisseur Jörg Lensing eindrucksvoll demonstrieren. Denn wer besitzt überhaupt Le Corbusiers Traummaße? Kaum jemand, wie sich mithilfe von Messlatten herausstellt: Der Bauchnabel zu tief, Arme zu kurz, die ganze Frau viel zu klein. Also ein fragwürdiger Ansatz wie alle Versuche der Normierung.
Was wir Meter nennen, ist in Amerika eine unbekannte Größe, so wie in unseren Breiten Inch und Foot. In amüsanten Sketchen beleuchtet Clemente Fernandez diese Phänomene von verschiedenen Maßeinheiten und Konfektionsgrößen, brilliert mal als zahlenbesessener Fluggast oder ahnungsloser Museumsbesucher, der die Qualitäten eines Stuhls von Le Corbusier gehörig in Frage stellt. Die Tänzer formen derweil mit ihren Körpern mal Tische, Autositze oder Kommoden und zeigen, wie viele Kreise, Quadrate oder Rechtecke im menschlichen Körper stecken.
Dazu spielen sie auf der mit unsichtbaren Sensoren und Mikrofonen ausgestatteten "intelligenten Bühne" wie auf einem Instrument. Jeder Schritt und Sprung erzeugt Geräusche, die mit Atmung und Sprache per Computer in Klangcluster und Rhythmen umgesetzt werden. Es entsteht eine intermediale Komposition aus Tanz und Klang, ergänzt durch visuelle Effekte.
Durch .. Live-Videosampling werden die Bewegungen der Tänzer moduliert auf eine Leinwand geworfen. Mal erscheinen die Körper wie in einem Zerrspiegel, dann sieht man nur noch verwischte Bewegungsspuren. Durch die sich stetig verändernden Körper entstehen Bilder von eigenartiger Schönheit, wie menschliche Ornamente oder, Scherenschnitte. Ein außergewöhnliches Musik- und Tanztheaterstück, eindrucksvoll und
intelligent in Szene gesetzt.

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Anka
Westdeutsche Zeitung
 
 
Geometrisch berechnete Schönheit
Mit "Modulator" ist dem "Theater der Klänge" am vergangenen Donnerstag Im Stadttheater eine interessante Schnittmenge aus Musik, Tanz,Schauspiel und Bildende Kunst gelungen. Maß und Zahl dienten dabei dem Regisseur Jörg Lensing als Komponenten, um menschliche Ästhetik zu definieren.
Die ganze Bühne gleicht einer High-End-Messe: Allenthalben ‚Schwarze Ware’ wie Sensoren, Viedeokameras, Mikrophone und Lautsprecher, die über eine ausgefeilte Computertechnik die agierende Tänzer zu einer Intermedialen Welt vernetzen. Mit ihren Bewegungen erzeugt das Ensemble nicht nur Klänge, die sofort von einem Computerprogramm umgesetzt neun Kompositionen schaffen, sondern auch Bilder, deren Sequenzen auf einer riesenhaften Leinwand dank Videotechnik kaleidoskopartig aufgeteilt, eingefroren oder wiederholt worden. Hell metallen oder dumpf hölzern Klingen künstlich erzeugte Klänge durch den Raum : mal Streich, Blas oder Schlaginstrument immitierend scheinen die Tänzer über eine imaginere Tonleiter zu purzeln. Genial auch die durch Live Video Übertragung entstehenden Figuren die kunstvoll wirbelwindartige Gebilde und geometrische Grundformen- Kreis Quadrat und Dreieck- auf der Leinwand entstehen lassen.
"Warum hat er das gemacht?" fragt nicht nur dass erzählende Mathematik-Genie, der anhand einer Messlatte die idealen Proportionen des menschlichen Körpers demonstriert. Maßgebend im wahrsten Sinne des Wortes sind der "Goldene Schnitt", die stetige, göttliche Teilung des Kepler oder die "ectio aurea" des Euklid sowie die "Fibonacci-Folge" . Auch der Architekt und Designer Le Gorbusier entwarf mit "Modular" ein neues Maßsystem. Was aber ist nun ein Modulor, ein Meter ,eine Elle, ein Inch, ein Fuß-, "meine Elle, deine Elle", "mein oder dein halber kleiner Finger" Und wie kann man einem Amerikaner Schuhgröße 43 beschreiben? Was also ist das Idealmaß des Menschen, das doch im Alltäglichen stehts eine Rolle spielt? Stuhl-, Tisch- und Deckenhöhe, Bett- und Sofalänge: auf welcher Höhe soll ein Waschbecken, ein Klosett montiert werden- all dies vom sechsköpfigen Ensemble auf genialen Weise demonstriert.
Das "Theater der Klänge" ging mit seinem experimentellen Stück den Fragen auf den Grund. Eine Antwort darauf kann es indes nicht geben. Die Einmaligkeit jedes Einzelnen macht mathematische Einheiten unmöglich. Und doch findet das Mathe-Ass, erfrischend gespielt von Clemente Fernandez, Immer wieder geheimnisvolle Übereinstimungen in der Zahlen. "Modulator" ist ein interessantes Projekt, das alle Sinne fordert und den Menschen als Maß aller Dinge Hinterfragt.

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Susanne Peters
Kreisbote Landsberg
 
 
Von Stühlen und Hängematten
Der Mensch sei das Maß aller Dinge, befand einst der Architekt und Designer Le Corbusier.
Seine Theorien über den Modulator, eine Art ideale Maßeinheit, nehmen Regisseur Jörg Lensing und das "Theater der Klänge" zum Ausgangspunkt eines 90-minütigen Spiels zwischen Sketch und Tanz, das im FFT-Juta über die Bühne geht. Zwei Plätze mit "eingeschränkter Sicht" gibt es im Saal, hinter einem Mann mit Kamera und zwei Technikern, die das Computersystem Eyecon bedienen. Die Kamera
nimmt die Bewegungen der Tänzer auf und verwandelt das Bildmaterial in neue, bearbeitete
Sequenzen, die auf einer großen Leinwand wiedergegeben werden. Mit Hilfe von in den Bühnenboden eingebauten Sensoren werden die Schritte in elektronische, musikalische Signale umgewandelt, 80 entsteht eine "intelligente Bühne", auf der die Schauspieler und Tänzer des Stücks mit sich selbst und den neuen Impulsen interagieren. Dabei geht es um das Verhältnis von Mensch und Raum, praktiziert an der Art und Weise, wie man baut und wie man sich einrichtet.
Ein Beispiel dafür ist der legendäre "LC1" aus dem Jahre 1928, jener aus Chrom und Leder entworfene Stuhl, der als Inbegriff des modernen Möbelstücks gilt, "Das ist kein Stuhl, das ist Konzeptkunst", sagt eine der Figuren über das Möbel, das es an Bequemlichkeit wahrlich nicht mit einem gemütlichen Ohrensessel aufnehmen kann. 50 wechseln Sketche über Maße, Zahlen und geometrische Konstellationen mit Tanzszenen ab, eine Nummern-Revue im wahrsten Sinne des Wortes. Doziert der Architekt in einer Szene als cooler Macher mit Sonnenbrille über die "Wohnwaben", als sei er der Erfinder der Plattenbauten, werden diesem Konzept die freien Bewegungen der Tänzer gegenübergestellt, die ihre Körper ganz anders erfahren als über Zoll, Elle oder Inch. Irgendwann ist der Variationsreichtum der Mittel allerdings erschöpft, und allzu selten kommen die Elemente zur gelungenen Vereinigung, wenn sich die Tänzer mit verblüffendem Einfallsreichtum zu Möbelstücken gruppieren, einem Stuhl, einem Tisch oder gar einer Hängematte oder einer Theke.
Allerdings wünschte man dem Theater der Klänge, dass es mit seinem technischen Konzept
wagemutiger und risikobereiter umginge.

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Thomas Hag
NRZ
 
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