Vanitas
 
Theater der Klänge feiert Jubiläum
Mit einem Theaterabend über Schönheit und Verfall, Vergangenheit und Vergänglichkeit feiert das Theater der Klänge Geburtstag: Seit 25 Jahren zeigt das professionelle freie Ensemble sinnliche Inszenierungen aus Musik, Theater, Tanz, Video, Licht – auch jetzt in "Vanitas – Schall und Rauch".
Während sich das sportliche Düsseldorf am Donnerstagabend in den Kneipen traf, um die Fortuna anzufeuern, versammelten sich das kreative Düsseldorf im FFT Juta, um dem Theater der Klänge zum Jubiläum zu gratulieren. Exakt vor 25 Jahren hatten Jacqueline Fischer, Thomas Neuhaus und J.U. Lensing das Ensemble gegründet – sie stehen bis heute an der Spitze des Musik- und Tanztheaters.
Und weil das erste Stück 1987 im damaligen "Jungen Theater in der Altstadt Düsseldorf" Premiere feierte, wählten man das heutige FFT Juta auch als Ort für die Aufführung des Jubiläumsstück "Vanitas – Schall und Rauch".
Was bleibt aus 25 Jahren Theaterarbeit? Ist nicht alles vergänglich, verflogen, ein verwehender Moment im Licht vor Publikum? Vanitas, also das Verweben von Schönheit und Verfall, ist das Leitmotiv des Stücks, das aus 25 kleinen Szenen besteht. Es beginnt mit einem Geiger, der nicht spielen kann. Nicht hier, nicht auf dieser Geige, versucht er immer wieder, viele Male versucht, den Bogen anzusetzen und dem Instrument endlich einen Ton zu entlocken.Währenddessen reflektiert er seine eigene Karriere: Was bleibe von 10000 Stunden üben? Nur Schall und Rauch!
Die Szene bricht mit so lauten Bässen aus den boxen, dass einige im Zuschauerraum zusammenfahren. Der Geiger wird abgelöst von einer Aerobic-Stunde, diese von einem Tanz eines Mannes mit einem Brautkleid auf einer Kleiderpuppe und dieser wiederum vom leisen Tanz eines Paares. Was in Slow Motion beginnt, wird immer größer, immer schneller, und was einst eine zärtliche Hebung war, wird zum brutalen Reißen. Inzwischen dröhnen die Bässe, er wirft sie, stößt die weg, sie fällt.
Solche Brüche finden sich während des Stücks immer wieder, Situationen kippen, Tanz wird zum Kampf. Oft geht es um Vergangenheit, Vergänglichkeit: Während eine Darstellerin vor einem Spiegel tanzt und singt, beschreibt ein anderer den Alterungsprozess der Haut. Wie immer nähert sich das Theater der Klänge auch dieser Selbstreflexion des eigenen künstlerischen Schaffens mit Musik, Tanz, Theater, interaktivem Video und Licht. Gerade das Video bringt neue Effekte, etwa wenn der Tanz einer Darstellerin auf der Leihwand zu einem Farbwirbel verschwimmt.
Während die 25 Szenen sehr kurzweilig anzusehen sind, zieht sich "Vanitas" gegen Ende. "Habe ich das so ähnlich nicht gerade schon mal gesehen?", fragt man sich, wenn die Tänzer schon wieder übereinander und miteinander über den Boden rollen, sich drehen, springen, balancieren.
Die leere Bühne hinten mit mehreren Schichten Leinwand zu begrenzen, aus deren Schatten die Darsteller für Ihre Auftritte langsam auftauchen, ist eine schöne Idee.
Genauso wie die Schlussszene, in der in großen Lettern Wörter wie "Parallelität", "Trott", "Symmetrie" oder auch "Fremdgehen", "Flucht", und "Heimkehr" auf das weiße Tuch projiziert werden. Etwa Assoziationen des Ensembles zu 25 Jahren Theater der Klänge? Am Ende leidenschaftlicher Beifall und Jubel für die sechs Darsteller – und vor allen für die drei Theatergründer. Auch wenn der Schlusssatz "Ich sterbe – du auch" manchem auf dem Heimweg noch unangenehm im Ohr liegt.

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Isabelle de Bortoli
Rheinische Post
 
 
Eitelkeit und die Vergänglichkeit
Theater der Klänge zeigt Jubiläumsstück
"Vanitas – Schall und Rauch" nennt das Theater der Klänge sein Stück zum 25. Jubiläum, das 20. Werk seitdem. Ein guter Anlass sich im FFT Juta mit zwei Aspekten des Theatermaches zu beschäftigen. Da ist einmal Vanitas, die Eitelkeit, eine der mittelalterlichen Todsünden, und die Vergänglichkeit, das nicht mehr Wiederholbare einer Aufführung. Dass beide Begriffe zusammenfallen, das Eitle istdas Vergängliche, darüber sinnierte schon der barocke Dichter Andreas Gryphius: "Alles ist eitel". In einem 115-minütigen Bilderreigen präsentiert das Theater der Klänge seine moderne Interpretation. Da ist der Geigenspieler, der zu Anfang immer wieder den Bogen hebt, sich in langatmigen Erklärungen ergeht. Schließlich spielt er gar nicht mehr. Da ist der Angeber, der angeblich überall mitmischt, da ist der Fotograf, der seine Model die Posen abverlangt. Neben den mehr oder minder gelungenen theatralischen Einblendungen überzeugen die Tanzszenen, besonders am Ende, als ein Trio sich zu entrückter Musik und einer Projektion im Hintergrund ganz behutsam in die Unendlichkeit zu tanzen scheint. Witzig auch die Szene, in der eine Tänzerin ihren Partner in den Wahnsinn treibt, indem sie ihn zu immer neuen Hebefiguren anhält, weil sie den Platz wechseln will, dabei kreischt wie ein Kleinkind. Ein bunter Reigen, der nicht immer zu fesseln vermag, aber in seiner Fülle viele einprägsame Bilder ausstreut.

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Thomas Hag
NRZ
 
 
Von wegen Schall und Rauch
Was bleibt? Das fragt sich nicht nur der Künstler unter den Menschen.
.Auf rund 600 Videos (-Proben und Aufführungsmitschnitte), 6000 Fotos und 70 Ordner Papier bringt es das Theater der Klänge in 25 Jahren. Natürlich ist das Ensemble weit mehr als das zu digitalisierende Archiv-Material.
20 vitale Produktionen, Gastspiele in Europa, Russland, Israel und Indien, zahllose fruchtbare Künstler-Beziehungen, (Arbeits-)Freundschaften zwischen Bühne und Küche und geschätzte 60 000 Zuschauer kann das Ensemble um Jörg U. Lensing auf der Haben-Seite verbuchen. Und nicht zuletzt gehört das Theater der Klänge zu den wenigen Düsseldorfer
Gewächsen der Freien Szene, die so lange erfolgreich "Überlebt" haben.
'Ein Vierteljahrhundert. Da wird man nachdenklich. Was bleibt? Darüber denkt das Ensemble zum Jubiläum nicht nur als Selbstreflektion nach, sondern ganz grundsätzlich.
Mit seinen eigenen Mitteln:
Klänge, Tanz und Theater spüren vereint der Eitelkeit, der Vergänglichkeit und der Unsterblichkeit nach. Exakt am Gründungstag des Ensembles, am 10. Mai, feiert die
20. Produktion, im FFT-Juta Premiere. "Vanitas. Schall und Rauch"
Beliebtes Bauhaus
Als der Folkwang-Absolvent Lensing 1978 mit seinem bis heute treuen Komponisten-Kollegen Thomas Neuhaus das Theater der Klänge mit der ,,Mechanischen Bauhausbühne" in die Welt setzte, wares noch Avantgarde, als Grenzgänger unterwegs zu sein, verschiedene Ausdrucksformen zu mischen. Längst gehört das Interdisziplinäre
zum guten Ton. Doch betont der Regisseur und Tonsetzer das Alleinstellungsmerkmal:
,,die kompositorische Architektur der Stücke" und ergänzt: ,,Mir geht es gar nicht um eine unverständliche Avantgarde. Frei in der Form ja, aber mit Sinn, Bedeutung und mit Humor - dazu bin ich viel zu sehr Rheinländer." Dass die Produktionen zwischen Bauhaus, Barock, Sakralem, Mysterienspiel und Moderne so unterschiedliche Stile aufweisen, habe man ihm vorgeworfen. Lensing kontert: ,,Es ging darum, zu einem Thema die, adäquate Form zu entwickeln." Mit Choreographin Jacqueline Fischer, der Dritten im Bunde, gewann
der Tanz gegenüber dem Theater zunehmend an Einfluss auf die Inszenierungen. Eine Produktion pro Jahr. Lensing legt die Qualitätslatte hoch, nimmt sich mit den jeweils dazu engagierten Akteuren mehre Monate Zeit, die Stücke im improvisatorischen Austausch
zu entwickeln. Die andere Hälfte des Jahres, sag der Regisseur und Professor für Musikinformatik, sei er mit der Geldbeschaffung beschäftigt. Früher habe das Geld für
12 Darsteller gereicht, inzwischen nur noch für sechs. Aus dem Stadtsäckel bekommt das
Klang-Theater einen lange nicht erhöhten Produktionskostenzuschuss von 25. 000 Euro sowie eine institutionelle Förderung vom Land. Stiftungsgelder und Sponsorenunterstützung
ergänzen den Etat, aus dem das Musiktheater Stücke wie die "Bauhausbühne"
(mit rund 100 Aufführungen das Erfolgreichste) "Ludus Danielis",
,Die Vögel",,,Gregorius" oder "Ich ist ein anderer") speiste.
Mehr Förderung
Eigentlich wollte Lensing nach dem Studium nur drei Jahre mit dem Theater der Klänge die Theorie in der Praxis überprüfen. Dass damals das Kulturamt (bis heute) einen Probenraum zur Verfügung stellte, sagt er war auch ein bestätigender Grund fürs Weitermachen
als Düsseldorfer in dieser Stadt. Und was folgt nach Opus 20? ,,Es gibt Pläne", blickt der 52-fährige vorsichtig in die Zukunft. Mehr Förderung wäre ein Ansporn.

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Urike Merten
NRZ
 
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