Die Kunst der Tanz-Fuge ein Tanzkonzert



Johann Sebastian Bach komponierte 1751 sein letztes Werk "Die Kunst der Fuge" mit der er seine Erfahrungen zum kontrapunktischen Komponieren für vier Stimmen final als Musikpartitur zusammenfasste.

Ein Wunsch in der Erschaffung von Choreografien, insbesondere für die intermedialen Stücke des Theaters der Klänge, war immer wieder kontrapunktische, kompositorische Techniken aus der Musikkomposition zur Kreation von Tanzkompositionen anzuwenden. Im Unterschied von einigen Beschäftigungen zeitgenössischer Choreografen mit dem Musikwerk "Kunst der Fuge" geht es bei unserer Kreation nicht um das Vertanzen der Musik von Bach, sondern um eine Aneignung der analysierten kontrapunktischen Techniken, die Bach für sein Werk verwendet hat und die Umsetzung dieser Verfahrensweisen in Bewegungskanones und Tanzfugen. Die Tanzbewegungen und deren daraus resultierende Geräusche sind zunächst Grundlage einer einleitenden Klangkomposition für dieses Stück, welches schnell durch die Klanglichkeit der Bachschen "Kunst der Fuge" erweitert wird. Der Abend ist zwei-, resp. vierteilig konzipiert (Intro = Geräuschmusik aus Bewegungen und Atmung / 1. Tanz, Rhythmus und Orgel / 2. Tanz zu Bachs Musik (Orgel live) / Epilog: Orgel-akusmatisch)

Bachs Kompositionen und überhaupt seine Art sich mit Kontrapunkt zu beschäftigen, galten Mitte des 18. Jahrhunderts als unmodern und veraltet, da die Blütezeit des kontrapunktischen Komponierens Mitte des 17. Jahrhunderts zu verorten ist und man sich Mitte des 18. Jahrhunderts der "empfindsamen Musik" der Frühklassik zuwandte. Nicht desto trotz oder gerade deswegen erlebte gerade dieses Werk in der Wiederentdeckung der Musik von Bach ab Mitte des 19. Jahrhunderts einen Stellenwert für die Musik und die Komponisten der Romantik und vor allem der Moderne, welche ihresgleichen sucht. Bach gilt heute zurecht als der Shakespeare der Musik!

Die Art unserer Beschäftigung mit Tanz ist ebenfalls von einem bestimmten Stilwillen geprägt, geschieht in enger Zusammenarbeit von Komposition und Choreografie und widmet sich gerne abstrakten und hochwertigen Formensprachen zur Spiegelung aktueller Diskurse. Hierzu möchten wir hier prüfen, ob die Struktur das Individuum unterstützt oder das Individuum die Struktur. Dazu wird sowohl mit Monophonie, Polyphonie, wie Heterophonie experimentiert und auf das Thema Individuum vs. Kollektiv übertragen.

In vorliegenden Werk für 4 Tänzer (2w, 2m) soll die "Kunst der Tanz-Fuge" manifestieren, was an visueller Musik durch 4 sich bewegende Körper heute zu schaffen ist und wie moderne Tanz- und Bewegungstechniken für zeitgenössische Tänzer dafür ästhetische Voraussetzung ist. Polyphonie - also Mehrstimmigkeit - ist dabei wörtlich zu verstehen als Äußerung von 4 Körpersprachen zur Artikulation dieses geordneten und damit rhythmisierten und harmonisierten Dialogs von vier Individuen zu einem Kollektiv. Dies an sich ist schon Statement genug zu aktuellen Diskursen über Individuum und Gesellschaft und auch - zum Thema Spiritualität.
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